Es wird wieder einmal Zeit für eine Rezension. Heute steht „Herr K und die Bescheidenheit eines Hoffnungslosen“ auf dem Plan. Ein sehr besonderes Hörspiel, das ebenso gut im Deutschlandfunk laufen könnte und wohl auch sollte, um endlich die Qualität des, man mag es mir verzeihen, intellektuellen Hörschrotts anzuheben, der dort meistens präsentiert wird. Herr K ist auf jeden Fall KEIN Hörschrott, sondern ein erwachsenes, durchdachtes, poetisches Hörspiel. Aber kommen wir zur Einzelwertung.
Skript:
Herr K erzählt zu Anfang aus dem Off von einem Traum über seinen eigenen Tod. Dieser Traum wird zu seinem steten Begleiter in den darauf folgenden Tagen/Wochen/Jahren. Schon bald geben sich allerdings Traum und Realität die Klinke in die Hand und so überrascht es nicht, dass ab einem gewissen Punkt weder Hörer noch Protagonist diese beiden Ebenen zu unterscheiden vermögen.
Das Skript ist die besondere Stärke dieses Hörspiels. Die Monologe und Dialoge erzeugen Spannung, wecken Neugier und strotzen geradezu vor philosophischer Energie. Natürlich bleiben die meisten Ausführungen im Bereich der Andeutung, aber dennoch weiß der Autor den Hörer zu binden. Der Widerstreit von Traum und Wirklichkeit, Leben und Tod, der schmale Grat dazwischen, das macht das Hörspiel besonders. Am Besten finde ich die Doppelbödigkeit und Mehrdeutigkeit des Hörspiels. Was will uns der Dichter sagen? Tja, schwer haben wir’s da, aber was soll’s: hier ist man zum Mitdenken angeregt. Vielleicht ist der Traum in Wirklichkeit die Wirklichkeit. Vielleicht ängstigt sich Herr K so sehr vor dem nahenden (tatsächlichen) Krankheitstod, dass er die Wirklichkeit unbewusst zum Traum erklärt, sozusagen die Seiten wechselt. Oder aber anders: Herr K versinkt in tiefer Depression, wird von Albträumen geplagt, bis er sich an eine ausländische Sterbehilfe-Einrichtung wendet und dann tatsächlich stirbt. Und und und. Das Hörspiel ist ein bisschen wie der erste Teil von Matrix oder The Ring, als man damals noch ewig nach dem Film miteinander geplaudert und gerätselt hat, wie nun alles zusammenhängt.
Sprecher:
Die Sprecher leisten allesamt gute Arbeit, besonders hervorheben will ich dabei natürlich Robert Frank, der seine Rolle genial spielt, ich würde es mal umschreiben mit: trockene Verzweiflung. Wunderbar. Auch fantastisch: Helmut Buschbeck als sehr authentischer, penetranter Frührenter und Marc Schülert, als diabolisch-freundlicher Zeitgenosse. Naja, ich könnte die Reihe nun noch fortsetzen mit den anderen Rollen. Ich mach es kurz: sehr gute Leistung. Lediglich der Seelsorger von Helmut Apel war etwas einseitig frömmelnd angelegt, hatte aber auch einen entsprechend einseitigen Dialogtext vorliegen. Diese Kritik stammt aber aus der Erbsenzählerecke.
Schnitt:
Das Hörspiel ist in der Tat ein Kunstwerk. Sowohl im positiven wie negativen Sinne, denn nicht immer gefällt mir, was ich da höre, auch wenn es interessant ist. Die Traum-Schmerzensschreie gingen mir zum Beispiel schon beim ersten Hören auf die Nerven, aber wahrscheinlich wurde genau das vom Autor bezweckt. Dennoch zerschneiden diese Versatzstücke das Hörspiel unnötig, auch und vor allem wegen ihrer Länge. Abgesehen davon ist Herr K sauber und einfallsreich geschnitten, zumal der Ausgangsstoff kein leichter ist. Letztlich ist nur noch ein Raumhallproblem bei Helmut Buschbeck aufgefallen, weil die Szene im Park stattfindet, Buschbeck aber einen Raumeindruck hat, als ob er in einem Raum stünde. Das ist aber nicht ausschlaggebend, der Rest war einwandfrei.
Musik:
Die Musik trägt einen guten Teil zur Atmosphäre bei. Hier hat Wolf Nilson mit Feingefühl und gutem Geschmack den Spagat zwischen unscheinbar und aufdringlich gemeistert. Bestens!
Cover:
Dieses Cover fängt perfekt die Stimmung des Hörspiels ein und nimmt zudem nichts vorweg. Natürlich hat das Motiv augenscheinlich wenig gemein mit der Geschichte, dennoch ist es denkbar, dass Herr K seine Monologe in eine Tagebuch schrieb, wer weiß…
Fazit:
Ein Lob an den Autor. Ein Lob an den Cutter und Musiker. Ein Lob an alle Sprecher. Ein Lob an Jessica und Wolf für das stimmungsvolle Cover. Vielen Dank für dieses Hörspiel.
R. M. Beyer
Finde ich super, dass hier regelmaessig geschrieben wird.
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